Leibniz, Gottfried Wilhelm: Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke: VII. Leibniz' viertes Schreiben. In: Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, hg. von C. I. Gerhardt, Berlin: Weidmann. 8 Bde. Bd. 7, 1890, S. 345-440, hier S. 372-373. https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Die_philosophischen_Schriften_von_Gottfried_Wilhelm_Leibniz
»4. Il n'y a point deux individus indiscernables. Un gentilhomme d'esprit de mes amis, en parlant avec moy en presence de Madame l'Electrice dans le jardin de Herrenhausen, crut qu'il trouveroit bien deux feuilles entierement semblables. Madame l'Electrice l'en defia, et il courut longtemps en vain pour en chercher. Deux gouttes d'eau ou de lait regardées par le Microscope, se trouveront discernables. C'est un argument contre les Atomes, qui ne sont pas moins combattus que le vuide, por les principes de la veritable metaphysique.
5. Ces grands principes de la raison suffisante et de l'identité des indiscernables, changent l'etat de la Metaphysique, qui devient reelle et demonstrative par leur moyen: au lieu qu'autres fois elle ne consistoit presque qu'en termes vuides.
6. Poser deux choses indiscernables, est poser la mème chose sous deux noms. Ainsi l'hypothese, que l'univers auroit eu d'abord une autre position du temps et du lien que celle qui est arrivée effectivement, et que pourtant toutes les parties de l'univers auroient eu la même position entre elles, quo celle qu'elles ont receue en effect, est une fiction impossible.
7. La meme raison qui fait que l'espace hors du monde est imaginaire, prouve que tout espace vuide est une chose imaginaire, car ils ne different que du grand au petit.
8. Si l'espace est une propieté ou un attribut, il doit etre la proprieté de quelque substance. L'espace vuide borné, que ses patrons supposent entre deux corps, de quelle substance serat-il la proprieté ou l'affection?
9. Si l'espace infini est l'immensité, l'espace fini sera l'opposé de l'immensité, c'est à dire, la mensurabilité, ou l'étendue bornée. Or l'étendue doit etre l'affection d'un étendu. Mais si cet espace est vuide, il sera un attribut sans sujet, une étendue d'aucun étendu. C'est pourquoy, en faisant de l'espace une proprieté, l'on tombe dans mon sentiment qui le fait un ordre des choses, et non pas quelque chose d'absolu.
10. Si l'espace est une realité absolue, bien loin d'etre une propreté ou accidentalité opposée à la substance, il sera plus subsistant que les substances, Dieu ne le sauroit détruire, ny même changer en rien. Il est non seulement immense dans le tout, mais encor immuable et eternel en chaque partie. Il y aura un infinité da choses eternelles hors de Dieu.«
Gottfried Wilhelm Leibniz: Des Freyherrn von Leibnitz Kleinere Philosophische Schriften … von Heinrich Köhler teutsch übersetzet … Jena, Mayerische Buchhandlung, 1740. Darin: IV. Mit Herrn D. Clarken gewechselte Schriften, S. 153-155.
»4. Es sind nicht zwey individua, welche nicht solten können von einander unterschieden werden. Einer von Adel, der von einem schönen Verstande und mein guter Freund war, unterredete sich einsmahlen mit mir in Gegenwart Ihro Königlichen Hoheit der Prinzessin Sophia, in dem Garten zu Herrenhausen, über diese Materie; und glaubte, daß er gar wohl zwey Blätter finden wolle, die einander durchgehends gleich wären. Ihro Hoheit, die Prinzeßin veranlassete ihn dergleichen zu suchen: er ging aber lange Zeit dieserwegen vergebens im Garten herum. Wenn man zween Tropfen Wasser oder Milch durch das Vergröserungsglas betrachtet; so wird man unter ihnen einen Unterschied antreffen. Dieses ist ein Beweisthum wider die Atomos; welche nicht weniger als der leere Raum durch die Hauptgründe der wahren Metaphysik sind bestritten worden.
5. Diese wichtigen Sätze von dem zureichenden Grunde, und von dem Satz des nicht zu unterscheidenden, verändern die Beschaffenheit der Metaphysik: als welche nun durch ihre Hülfe real, und ein Gebäude von unstreitigen Gründen wird; an statt, daß sie sonsten nur in leeren Wörtern bestund.
6. Wenn man zwo Sachen, die von einander nicht können unterschieden werden, sich gedenket; so ist es eben so viel, als gedächte man eine Sache unter zween Nahmen. Dem nach ist es ein unmögliches Gedichte, wenn man den Satz annimmt: daß die Welt alsofort eine andere Bestimmung der Zeit und des Orts, als diese, so in der That ist sichtbar gemacht worden, würde gehabt haben; und daß daher alle Theile der Welt von eben der Lage unter sich, als diejenige ist, welche sie in der That empfangen haben, müßten gewesen seyn.
7. Eben die Ursache, warum der Raum auser der Welt, blos in der Einbildung bestehe, beweiset auch zugleich, daß der ganze leere Raum etwas sey, welches nur in der Einbildung seinen Grund hat: denn sie sind allein dem grosen und dem kleinen nach von einander unterschieden.
8. Wenn der Raum eine Eigenschaft ist; so muß er die Eigenschaft einer gewissen Substanz seyn. Von welcher Substanz aber wird wohl der leere Raum, der von seinen Verthaidigern zwischen zweenen Körpern eingeschränkt wird, eine Eigenschaft vorstellen?
2. Wenn der unendliche Raum die Unermeßlichkeit ist; so wird der endliche Raum der Unermeßlichkeit entgegen gesetzet seyn: das ist, er wird die Ermeßlichkeit; oder eine extensio limitata müssen genannt werden. Nun aber soll ja die Ausdehnung eine Eigenschaft des extensi seyn. Wenn nun dieser Raum leer ist; so wird eine Eigenschaft ohne eine gewisse Sache, worinnen sie angetroffen wird, das attribut ohne sein Subject, und eine extenso sine extenso gefunden werden. Indem man also den Raum zu einer Eigenschaft macht; so verfällt man auf meine Meynung, daß er eine Ordnung der Dinge: nicht aber eine vor sich selbst bestehende Wirklichkeit sey.
10. Wenn der Raum eine vor sich bestehende Wirklichkeit (absoluta realitas) ist; so ist es weit gefehlet, daß er eine Eigenschaft, oder eine der Substanz entgegengesezte Zufälligkeit abgäbe. Vielmehr wird er eine Sache seyn, welche mehr vor sich bestehet; als die Substanz selber. GOtt kan ihn nicht vertilgen, noch in nichts verwandeln. Er ist nicht allein unermeßlich im Ganzen; sondern auch unveränderlich und ewig in einem jeden Theile. Es werden also unendlich viel ewige Dinge auser GOtt seyn.«
Gibt es den absoluten Raum? Leibniz meint, das Räumliche sei eine Eigenschaft von Gegenständen, daher könne es nur Raum geben, wenn zugleich etwas in ihm existiert.
Ist das überhaupt ein Gedankenexperiment? Zunächst mal stellt Leibniz die Behauptung auf, dass es keine zwei von einander verschiedenen völlig gleichen Gegenstände gäbe. Gäbe es völlig gleiche Gegenstände, wären sie dasselbe: »eine Sache unter zween Nahmen«. Der »empirische« Beweis, dass es nicht möglich war, zwei gleiche Blätter im Garten zu finden, ist vielleicht etwas schwach. Der Fortgang des Arguments scheint mir aber eine Petitio zu sein: wenn Raum ebenfalls eine Eigenschaft ist, dann sind zwei Gegenstände ja schon dadurch mit unterschiedlichen Eigenschaften behaftet, dass sie unterschiedliche räumliche Positionen einnehmen.
Enthalten in Cohen 2010, 56-63.
6. Schlagworte