Quelle: John Locke: An essay concerning human understanding, Book II, Ch. 32, Sec. § 15. EA 1690. http://infomotions.com/etexts/philosophy/1600-1699/locke-essay-113.htm
»15. Though one man's idea of blue should be different from another's. Neither would it carry any imputation of falsehood to our simple ideas, if by the different structure of our organs it were so ordered, that the same object should produce in several men's minds different ideas at the same time; v.g. if the idea that a violet produced in one man's mind by his eyes were the same that a marigold produced in another man's, and vice versa. For, since this could never be known, because one man's mind could not pass into another man's body, to perceive what appearances were produced by those organs; neither the ideas hereby, nor the names, would be at all confounded, or any falsehood be in either. For all things that had the texture of a violet, producing constantly the idea that he called blue, and those which had the texture of a marigold, producing constantly the idea which he as constantly called yellow, whatever those appearances were in his mind; he would be able as regularly to distinguish things for his use by those appearances, and understand and signify those distinctions marked by the name blue and yellow, as if the appearances or ideas in his mind received from those two flowers were exactly the same with the ideas in other men's minds. I am nevertheless very apt to think that the sensible ideas produced by any object in different men's minds, are most commonly very near and undiscernibly alike.«
Deutsch zitiert nach der Ausgabe: John Locke: Versuch über den menschlichen Verstand. In vier Büchern. Übers. und erl. von J. H. von Kirchmann. Berlin: Heimann 1872. http://www.zeno.org/nid/20009208283
»§ 15. (Wenn auch die Vorstellung von Blau bei dem einen Menschen von der bei dem andern verschieden sein sollte.) Auch würde man die einfachen Vorstellungen nicht deshalb für falsch halten können, wenn durch einen verschiedenen Bau der Organe derselbe Gegenstand in den Seelen verschiedener Menschen gleichzeitig verschiedene Vorstellungen hervorbrächte; wenn z.B. die bei dem Einen durch ein Veilchen hervorgebrachte Vorstellung der bei einem Andern durch eine gelbe Ringelblume hervorgebrachten gleich wäre, und umgekehrt. Denn dies kann niemals festgestellt werden; da die Seele des Einen nicht in den Leib des Andern eintreten kann, um zusehen, welche Vorstellungen durch dessen Organe hervorgebracht werden, und deshalb würden selbst in solchem Falle weder die Vorstellungen noch die Namen verwechselt werden, oder Eines von Beiden falsch werden. Denn alle Gegenstände mit dem Gewebe eines Veilchens brächten dann die Vorstellung hervor, die er Blau nennte, und alle mit dem Gewebe einer Ringelblume die, welche er regelmässig Gelb nennte; welcher Art nun auch diese Vorstellungen in seiner Seele wären, so wäre er doch im Stande, dadurch die Dinge für seine Zwecke ebenso regelmässig zu unterscheiden, und diese Unterschiede zu erkennen und durch die Zeichen kennbar zu machen, welche die Worte Blau und Gelb gewähren, als wenn seine von diesen beiden Blumen empfangenen Vorstellungen genau dieselben mit denen des Andern wären. Indess möchte ich doch annehmen, dass die bei mehreren Menschen durch denselben Gegenstand hervorgebrachten Sinneswahrnehmungen wohl immer beinah gleich und nicht zu unterscheiden seien …«
Man stelle sich vor, dass dasselbe Objekt in den Bewusstseinen verschiedener Leute verschiedene 'Ideen' erzeugt. Zum Beispiel erzeugte ein Veilchen in der Wahrnehmung eines Menschen eine Idee, die dieselbe wäre wie eine, die in einem anderen Menschen durch die Wahrnehmung einer Ringelblume erzeugt würde. Wäre das möglich? Und festzustellen?
Einfacher ist vielleicht erst mal die Frage, ob vorstellbar und merkbar ist, dass ein Gegenstand dem einen blau, dem andern gelb, dem dritten grün erschiene: Sie würden alle drei den gleichen Begriff zur Beschreibung benutzen, aber eine unterschiedliche Farbempfindung damit verbinden. Locke meint, dies sei nicht festzustellen, da die Menschen denselben Sinneseindruck konsequent mit demselben Wort beschreiben würden. Man kann eben nicht wissen, was im Geist eines andern vorgeht (das 'Other minds'-Problem), oder, mit Wittgenstein, welchen Käfer jemand in seiner Schachtel hat.
Enthalten in: Tittle 2005, 46-47; Baggini 2017, 175-177.