Sie dürfen wählen. Vor Ihnen stehen zwei Kisten A und B. Sie dürfen entweder beide Kisten öffnen oder nur B. Was sie dort finden, wo Sie öffnen, dürfen Sie behalten. Dabei wissen Sie:
Ein Wahrsager, dessen Prophezeiungen über Ihr Verhalten bisher stets stimmten, hat Geld in die Kisten getan. Und zwar 1.000 € in Kiste A. Falls er der Meinung war, dass Sie die Kisten A und B zusammen öffnen würden, hat er nichts weiter in Kiste B getan. Erwartete er hingegen, dass Sie nur Kiste B öffnen würden, hat er außerdem 1.000.000 € in die Kiste getan.
Was wählen Sie?
Man muss die Möglichkeit berücksichtigen, dass der Wahrsager sich diesmal geirrt haben könnte. Der Wahrsager hat schon das Geld in die Kisten getan; Ihre Wahl ändert daran nichts. Wählen Sie beide Kisten, haben Sie jedenfalls 1.000 € mehr als wenn Sie nur Kiste B wählen. Andererseits ist es vernünftig anzunehmen, dass sich der Wahrsager auch diesmal mit seiner Vorhersage nicht vertan hat, so dass er wohl, wenn Sie nur Kiste B nehmen, auch vorausgesagt hat, dass Sie das tun würden. In diesem Fall hätten Sie mehr Geld, als wenn Sie sich für beide Kisten entscheiden und der Wahrsager dies korrekt vorausgesagt hat. Tja, was tun?
Nozick, Robert (1969): Newcomb's problem and two principles of choice. In: Rescher, Nicholas (Hg.): Essays in honor of Carl G. Hempel. Dordrecht: Reidel, S. 114-146.
Nozick hörte das Problem von einem Freund des Erfinders William Newcomb, einem Physiker, bereits 1963. So Nozick in der ersten Anmerkung: „Es ist ein schönes Problem. Ich wüschte, es wär meins.“
Nozick schreibt (meine Übersetzung): »Ich sollte hinzufügen, dass ich dieses Problem einer großen Zahl von Leuten vorgestellt habe, sowohl Freunden als auch Studierenden im Seminar. Beinahe jeder findet es völlig offensichtlich, was man wählen sollte – das Problem ist nur, dass die Menge der Befragten sich in etwa zwei gleich große Gruppen teilt, von denen jeweils ein sehr großer Teil die andere Hälfte einfach für albern hält.«
Für beide Wahlmöglichkeiten gibt es ein überzeugendes Argument. Aber beide Argumente widersprechen sich. Hin und wieder wird daher das „Problem“ als „Paradox“ bezeichnet, aber es ist keines im logischen Sinne. Spannend finde ich hier, das man gut sehen kann, warum beim Prozess des gedanklichen Durchspielens verschiedene Leute zu verschiedenen Schlüssen kommen: also wirklich eine gedankliche Versuchsanordnung. Was die Antwort angeht, so gehöre ich zu der Gruppe von Leuten, die nur B öffnen würden: Warum, ist ja wohl klar, oder?