Quelle: Die Bibel, Neues Testament: Brief an Titus Kap. 1, V. 12-14. https://www.bibleserver.com/text/LUT/Titus1
»Es hat einer von ihnen gesagt, ihr eigener Prophet: Die Kreter sind immer Lügner, böse Tiere und faule Bäuche. Dieses Zeugnis ist wahr. Aus diesem Grund weise sie scharf zurecht, damit sie gesund werden im Glauben und nicht achten auf die jüdischen Fabeln und die Gebote von Menschen, die sich von der Wahrheit abwenden.«
Wahr oder falsch? —: »Dieser Satz ist gelogen.«
Die Behauptung »Es hat (ein Kreter) gesagt … Die Kreter sind immer Lügner« ist in der Bibel klarerweise ohne Blick für die semantische Paradoxie wiedergegeben, sondern, wie der folgende Vers zeigt, als abschätzige Beschreibung der Kreter gemeint. Das Lügner-Paradox gehört zu den ältesten bekannten Paradoxien und wird, entnehme ich dem Wikipedia-Artikel, Epimenides dem Kreter durch eine Quelle bei Clemens von Alexandria zugeschrieben.
Das Paradox ergibt sich aus der Selbstbezüglichkeit des Satzes, und darum schon in der biblischen Form, denn dort wird die Selbstbezüglichkeit über das Wörtchen immer hergestellt: Ein Kreter behauptet, die (=alle) Kreter würden immer lügen.
Enthalten in: Clark 2007, 112-119; Levy 2017, 39-44.